Agile Transformation (Teil 6) - Methoden und Instrumente

            Agile Transformation (Teil 6) - Methoden und Instrumente

            Führungskräfte gehen oft von einem Workshop in den nächsten und bekommen zahlreiche agile Instrumente an die Hand, mit welchen sie dann in ihrer Organisation hantieren sollen. Im Zweifel noch ein Besuch im Silicon Valley für die „Top Executives“, dazu Bücher, Webinare und Podcasts, so dass eine Fülle an Tipps und Methoden entsteht, wie Agilität in Organisationen erreicht werden soll. Die Werkzeugkästen der Manager sind demnach prall gefüllt. Und dennoch werden die gewünschten Effekte nicht erreicht.

            „Tischlein deck dich“ als Zauberformel und das agile Unternehmen läuft – das Anwenden der Werkzeuge wird es schon bringen – ist ein gefährliches Unterfangen. Agilität muss ganzheitlich gedacht werden, um die entsprechende Wirkung zu erzielen. Es darf nicht allein auf ihre methodische Anwendung wie Scrum, „Working out loud“ oder „Delegation Poker“ reduziert werden.

             „Löcher zustopfen“ und darauf hoffen, dass es mit einigen Modebegriffen und Haufe-Workshops getan sein soll, wird in der VUCA-Welt definitiv nicht funktionieren.

             

            1. Vertikale und horizontale Durchdringung

            Um die Vorteile einer agilen Transformation tatsächlich zur Entfaltung zu bringen, ist eine ganzheitliche vertikale und horizontale Durchdringung der Organisation nötig.

            Nicht selten wird auf Teamebene mit der agilen Transformation begonnen. Meist gehen die Entwicklerteams voraus bzw. arbeiten schon länger mit agilen Methoden wie Scrum, Kanban etc. Das allerdings führt oft nicht zur gewünschten Beschleunigung, da die darüber liegenden Ebenen nicht nach denselben Agilitätsprinzipien arbeiten.

            Findet eine vertikale Durchdringung nicht statt, „pushen“ Führungskräfte immer mehr Aufgaben in die jetzt agil arbeitenden Teams, anstatt zu „pullen“. Das führt zu einer Überlastung des Gesamtsystems, welches einer verstopften Autobahn gleicht. Der Verkehr fließt nur dann wirklich schnell, wenn maximal so viele Fahrzeuge mit entsprechender Geschwindigkeit unterwegs sind wie es dem Durchsatz der Fahrspuren entspricht. Die Fahrspuren entsprechen den einzelnen Teams, die Fahrzeuge den Aufgaben. In der Folge kann das Gesamtsystem sogar langsamer werden, obwohl auf einer Spur der Verkehr schneller fließt – verglichen mit einem Team, das agil arbeitet, bei dem die Abhängigkeiten zu den anderen Teams aber nicht berücksichtigt werden (horizontale Durchdringung).

            Eine horizontale (auf Teamebene) wie auch vertikale Durchdringung ist notwendig, um eine agile Transformation erfolgreich zu realisieren. Der agile Modus – nicht als Modeaktivität – sondern als ganzheitlicher Ansatz, muss alle Unternehmensebenen erfassen.

            Die einzelnen Teams können dabei nach unterschiedlichen Methoden arbeiten. Die gewählte Methode ist abhängig vom Grad der Vorhersehbarkeit der Ereignisse. Als Faustregel kann man sagen: Je weniger vorhersehbar, desto agiler, je besser planbar, desto klassischer kann die gewählte Vorgehensweise sein.

             

            VUCA

            Abbildung 1: Kallenbach (2016)

             

            Sicherheitshalber sei erwähnt: Die Methoden allein bringen noch keine Beschleunigung. Es braucht parallel eine Kulturentwicklung, die eine agile Haltung auf der Grundlage eines gemeinsamen Wertebewusstsein, gemeinsamer Prinzipien und eines gemeinsamen Purpose evoziert.

             

            1. Vernetztes Arbeiten

            Die kommunikative Leistungsfähigkeit von Organisationen und den dort tätigen Mitarbeitenden entwickelt sich immer mehr zu einem entscheidenden Erfolgsfaktor. Die interne Kommunikation rückt näher an die Wertschöpfung heran. Vernetztes Arbeiten muss gewährleistet werden und zwar schnell, unkompliziert und optimalerweise möglichst transparent für andere Mitarbeitende.

            Soziale Netzwerke wirken hierbei als Katalysator. Instrumente für Dialog, für Vernetzung und Interaktion eröffnen neue Möglichkeiten für eine bereichsübergreifende Zusammenarbeit. Inzwischen gibt es zahlreiche Instrumente am Markt, die hier unterstützen können. Beispielhaft hier einige der Beliebtesten:

            Multimedia: Adobe Spar, Fly, Spreaker, Pinterest etc.
            Aufbereiten von Inhalten: Storify, Feedly, Diigo, Tumblr etc.
            Messaging: Threema, WhatsApp, Skype, Viber etc.
            Soziale Netzwerke: Microsoft Teams, Yammer, Tibbr, Slack, SocialCast etc.

            Geeignet dafür sind virtuelle themenbezogene Gruppenräume und Arbeitsplätze, in denen Gleichgesinnte Antworten auf komplizierte Fragestellungen erörtern, in den produktiven Dialog treten und sich virtuell dazu austauschen können. Durch die spezifischen Angaben zu Kenntnissen und zur Fachexpertise (Fremdsprachen, Erfahrungen etc.) können Mitarbeitende unternehmensweit als Ansprechpartner besser gefunden werden und im Gegenzug von den Fähigkeiten ihrer Kollegen profitieren.

             

            1. Integrierte Plattformen

            Schon heute – und erst recht in den kommenden Jahren – wird es für Unternehmen immer wichtiger sein, Plattformen zu implementieren, in denen alle Applikationen zusammenlaufen. Nur das wird die erforderliche Transparenz und Effizienz bieten. Dadurch wird agiles Arbeiten realer und greifbarer, weil Informationsflüsse objektiv eingeordnet und schnell reagiert werden kann.

            Agile Transformation – ohne die Informationstechnologie zu integrieren – ist deshalb undenkbar. Hier liegt gleichzeitig auch eine der größten Herausforderungen. Nur die wenigsten Unternehmen, die ich persönlich kenne, haben es bisher geschafft, ihre zahlreichen Programme und Applikationen auf eine gemeinsame, leicht anwendbare Plattform zu stellen.

            Es geht um Integration und Automation. Und es geht um Datenschutz, der bei aller Offenheit und Transparenz weiterhin gewährleistet sein muss.

            Der Alltag sieht oft noch gruselig aus. Die eine Abteilung arbeitet mit Programm xy, die andere hat sich auf z fokussiert und die Dritte bevorzugt immer noch ihre selbstgestrickten Excel-Listen.  

            Microsoft ist hier mit Office 365 auf einem guten Weg. Aber auch Applikationen wie Zapier oder IFTTT (eher für den privaten Bereich) bieten die Möglichkeit, mehrere hundert Apps zu integrieren und so für den notwendigen Datenaustausch zu sorgen.

            Die Chinesen machen es vor. Chat-Systeme werden zu Service-Plattformen für alle möglichen Belange des Alltags. Hunderte Millionen Chinesen organisieren sich heute über das Messenger-Programm WeChat.

            Kommunikation, Bezahlen, Buchungen, Gehaltzahlungen etc. – alles läuft über eine App. Separate Apps für die einzelnen Funktionen sind nicht mehr nötig. Hoch kritisch ist natürlich, dass nahezu alle Daten parallel auch an die chinesischen Behörden weitergeleitet werden.

            Eines ist jedoch klar: Die Zukunft wird integrierten Plattformen gehören, die gleichzeitig einen hohen Datenschutz gewährleisten. Denn diese schaffen die Voraussetzung für agiles, effizientes und erfolgreiches Arbeiten.

             

            Fazit

            Eine erfolgreiche agile Transformation ist dann möglich, wenn vertikale und horizontale Durchdringung die Agilisierung jedes Organisationselementes gewährleistet. Vernetztes Arbeiten ermöglicht eine transparente Kommunikation, an der sich jeder beteiligen kann. Die IT muss ganzheitlich alle Elemente der Organisation integrieren, um agile Prozesse realisieren zu können.

            Wenn Sie mehr über die „gesunde Organisation“, Holokratie oder unsere Workshops erfahren möchten, dann informieren Sie sich gerne zu unseren Leistungen in diesem Bereich oder kontaktieren Sie uns einfach.

             

            Ausblick

            Der siebte Teil der Serie „Agile Transformation“ setzt sich mit Erfolgsfaktoren auseinander, die aus unserer Sicht wesentlich zu einer Skalierung beitragen können.

             

            Weitere Blog-Beiträge aus der Serie "Agile Transformation":

            Agile Transformation (Teil 1) - Klassisches Change-Management vs. agile Transformation

            Agile Transformation (Teil 2) - Analyse des Status quo

            Agile Transformation (Teil 3) - drei relevante Prämissen

            Agile Transformation (Teil 4) - Gestalten einer "Roadmap"

            Agile Transformation (Teil 5) - Aufsetzen eines Pilotprojekts

            Agile Transformation (Teil 7) - Und jetzt Vollgas!

            Agile Transformation (Teil 8) - Ihre Fragen - unsere Antworten

             


             

            Literatur:

            De Clercq, Isabel (2018). #Vernetzt Arbeiten. Soziale Netzwerke in Unternehmen. Frankfurt: Frankfurt Allgemeine Buch.

            Kallenbach, Ingo (2016). Führen in der Gesunden Organisation. Außergewöhnliche Leistung durch Potenzialentfaltung. Stuttgart: Schäffer-Poeschel.

            Nowotny, Valentin (2018). AGILE EVOLUTION: Eine Anleitung zur agilen Transformation. BusinessVillage

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