Agile Transformation (Teil 5) - Aufsetzen eines Pilotprojekts

            Agile Transformation (Teil 5) - Aufsetzen eines Pilotprojekts

            Das Aufsetzen eines Pilotprojekts stellt eine oft erfolgreiche Alternative innerhalb einer agilen Transformation dar. Oft ist der gewählte Zeitpunkt des Piloten der wichtigste Schritt für eine erfolgreiche Transformation. Verläuft der Pilot gut, gewinnt die Organisation ein konkretes Beispiel, an welches sie anknüpfen kann. Wenn das Projekt jedoch scheitert oder die Erwartungen nicht erfüllt werden, besteht die Gefahr, dass die gesamte Initiative einer agilen Transformation von ihren Kritikern zerrissen wird. Letztlich mag niemand Veränderungen wirklich, wenn sie nicht funktionieren.

            Ein Pilotprojekt ist dabei nicht die einzige Möglichkeit, Veränderungen im Unternehmen zu initiieren. Transformationen im „top-down“ Verfahren, gestreut über das gesamte Unternehmen hinweg, oder die zur Zeit gerne gewählte Ausgliederung eines Unternehmensteiles („digital factory“) sowie die „bottom-up“ Version mittels agiler Netzwerke, stellen Transformationsmöglichkeiten dar, die – neben dem Pilotprojektansatz – in Organisationen je nach Situation des Unternehmens, durchaus lohnenswerte Alternativen bedeuten können.

             

            Wann ist ein Pilotprojekt sinnvoll?

            Harvardprofessor John Kotter – der versierteste Change Management Experte weltweit – erläutert, dass hierarchische Strukturen und organisatorische Prozesse, die seit Jahrzehnten eingesetzt werden, um Unternehmen zu führen und zu weiterzuentwickeln, nicht mehr in der Lage sind, in einer sich immer schneller entwickelnden Welt, erfolgreich zu sein (2015).

            Mit Sicherheit können traditionelle Hierarchien und konventionelle Projektmanagementmethoden weiterhin repetitiven und vorhersehbaren Anforderungen eines Unternehmens erfolgreich begegnen, sie sind jedoch nicht mehr in der Lage, die wichtigsten Gefahren und Chancen früh genug zu erkennen (Stichwort Disruption), kreative strategische Initiativen angemessen zu formulieren und diese schnell umzusetzen.

            Die Lösung kann hier der Aufbau eines zweiten Betriebssystem sein, das der Implementierung einer Strategie dient, die auf adaptiven, netzwerkartige Strukturen und agilen Prozessen aufbaut (s. Abbildung 1). Für eine solche Konstellation ist der Pilotansatz gut geeignet.

             

            agile_Strukuren_Prozess

            Abb. 1: Kallenbach (2016)

             

            Meilensteine des Pilotprojektes

            Bei der Implementierung eines Pilotprojektes können folgende Aspekte ins Auge gefasst werden:

            Projektauswahl

            Die Auswahl des Bereiches erfolgt aufgrund der Arbeitsaufgabe und dem Ausmaß von VUCA, dem sie gegenüberstehen. Kriterien für die Auswahl sind dabei vor allem Vorhersagbarkeit und Repetition. Je weniger vorhersehbar die Umwelt bzw. der Markt und je unterschiedlicher (nicht repetitiv) die Arbeitsabläufe sind, desto besser geeignet ist der Bereich für den Pilotansatz.

            Teamzusammenstellung

            An der Spitze des Pilotprojekts muss eine Führungskoalition stehen, die 100% hinter der Veränderung steht. Diese haben gemeinsam ein positives Zukunftsbild entwickelt. Stellen Sie sicher, dass Sie das Team mit Mitgliedern besetzen, die von der neuen Richtung begeistert sind und genug Ausdauer mitbringen, auch Durststrecken zu überstehen. Der Pilot kann nicht erfolgreich sein, wenn die Teammitglieder nicht daran glauben. Eine einzelne negative Stimme kann die Atmosphäre für die angestrebten Veränderungen schon nachteilig vergiften (toxische Wirkung).

            Dauer des Projekts

            Ein kurzes Projekt würde Skeptikern helfen zu sagen, dass Agilisierung in kleinen Projekten funktioniert. Wenn das Projekt zu groß ist, müssten die Menschen zu lange warten, um den Adoptionsstatus abschätzen zu können. Empfehlenswert ist deshalb, eine Dauer von 18 bis max. 24 Monaten zu wählen. Wichtig sind in dieser Zeit regelmäßige Lernschleifen und Retrospektiven, wie sie in agilen Prozessen ohnehin vorgesehen sind. Und zwar für den Piloten selbst wie auch für solche Einheiten im Unternehmen, die im Anschluss transformiert werden sollen.

            Training

            Die Mitarbeiter sollten durch entsprechende Trainings und intelligente Formate (wie Workhacks) unterstützt werden, die vor allem auf die passende Haltung („mindset“) abzielen. Eine positive Haltung gegenüber und in dem Pilotprojekt sind essenziell. Parallel dazu werden sinnvolle Werkzeuge („toolset“) und die dafür notwendigen Fähigkeiten („skillset“) entwickelt und trainiert. Diese Fokussierung wird durch interne und externe agile Coaches geleistet.

            Schneller Erfolg

            Skeptiker haben wenig Geduld, also muss der Beweis schnell erfolgen. Deshalb sollten die ersten, kurzfristigen Gewinne („low hanging fruits“) offensichtlich und eindeutig mit der Vision verbunden sein. Die Messlatte sollte anfangs nicht zu hochgelegt werden. Das Feiern von Gewinnen, Innehalten und Rückblicken auf das schon Erreichte, wird die Transformation stärken und dazu führen, dass mehr Mitarbeiter daran glauben, das Zukunftsbild für sinnvoll und erreichbar halten, und damit die Transformation unterstützen. Erfolg schafft Erfolg.

            Kommunikation

            Aus eigenen Erfahrungen gehen wir davon aus, dass Kommunikation einen Anteil von 30-40% am Gelingen der Transformation ausmacht. Die Kommunikation stellt jedoch oft einen kritischen Punkt in vielen Transformationsprozessen dar, da auf geeignete Ressourcen nicht immer zurückgegriffen werden kann. Dem steht die enorme Bedeutung der Information ins restliche Unternehmen gegenüber, damit transparent wird, was bei dem Pilotprojekt gerade passiert. Die Informationen sollten zeitnah erfolgen, um den Flurfunk einzudämmen und Skeptikern keinen Nährboden zu verschaffen. Wenn die passenden Botschaften von einem geschätzten und weithin anerkannten Kollegen überbracht werden, beginnt sich der Glaube an den Sinn und den Erfolg der Transformation im Unternehmen auszubreiten und schafft eine immer größer werdende Unterstützungsbasis. Zusätzlich sollte man kollaborative Netzwerke über die internen „social media“-Kanäle aufbauen und mit Formaten wie „Working Out Loud“ die interdisziplinäre Vernetzung unterstützen.

             

            Fazit

            Durch das Aufsetzen eines Pilotprojekts kann eine agile Transformation im Unternehmen gestartet werden. Entscheidend sind vor allem eine Führungskoalition, die hinter dem Piloten steht, eine passende Teamzusammenstellung, das fortwährende Training der Mitglieder sowie das Feiern und Kommunizieren der Erfolge im gesamten Unternehmen, sodass die Transformation in der gesamten Organisation einen guten Nährboden findet.

            Wenn Sie mehr über die „gesunde Organisation“, Agilität oder unsere Workshops erfahren möchten, dann informieren Sie sich gerne zu unseren Leistungen in diesem Bereich oder kontaktieren Sie uns einfach.

             

            Ausblick

            Im nächsten Monat gehe ich im sechsten Artikel der Serie „Agile Transformation“ auf Methoden und Instrumenten ein, die bei einer Transformation wichtig sind.

             

            Weitere Blog-Beiträge aus der Serie "Agile Transformation":

            Agile Transformation (Teil 1) - Klassisches Change-Management vs. agile Transformation

            Agile Transformation (Teil 2) - Analyse des Status quo

            Agile Transformation (Teil 3) - drei relevante Prämissen

            Agile Transformation (Teil 4) - Gestalten einer "Roadmap"

            Agile Transformation (Teil 6) - Methoden und Instrumente

            Agile Transformation (Teil 7) - Und jetzt Vollgas!

            Agile Transformation (Teil 8) - Ihre Fragen - unsere Antworten

             

             

             

            Literatur:

            Kallenbach, Ingo (2016). Führen in der Gesunden Organisation. Außergewöhnliche Leistung durch Potenzialentfaltung. Stuttgart: Schäffer-Poeschel.

            Kotter, John P. (2015). Accelerate! Strategischen Herausforderungen schnell, agil und kreativ begegnen. München: Vahlen.

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