Verschwiegenheit vs. Transparenz
Wieviel Transparenz ist angemessen?
Wissen ist Macht - und Wissen teilen macht mächtiger
„Wissen...
Regelmäßige Überstunden sind in vielen Unternehmen der Normalfall. Unregelmäßige Arbeitszeiten oder ständige Verfügbarkeit werden implizit erwartet. Laut Statistischem Bundesamt haben im Jahr 2021 durchschnittlich 4,5 Millionen Menschen in Deutschland Überstunden geleistet. Das entspricht einem Anteil von zwölf Prozent der Arbeitnehmenden. Knapp 22 Prozent der Überstunden wurden dabei nicht bezahlt.
Hinzu kommt, dass in vielen Branchen Personalmangel herrscht, weil Arbeitnehmer*innen gekündigt haben (siehe hierzu auch unsere Notiz zur Great Resignation) oder während der Pandemie aufgrund wirtschaftlicher Gegebenheiten gekündigt werden mussten.
Damit ist klar: Die, die noch im Unternehmen arbeiten, müssen (noch) mehr leisten. Genau dazu sind viele Arbeitnehmende nicht mehr bereit. Denn die Pandemie hat gleichzeitig auch die Einstellung der Menschen verändert: So manche*r ist immer weniger bereit, sich überdurchschnittlich für die Arbeit zu engagieren.
Dahinter kann die Haltung stecken: „Arbeit ist nicht mein Leben, mein Wert als Mensch definiert sich in anderen Bereichen meines Lebens.“ Viele Arbeitnehmende wollen mehr Zeit für Familie, Freunde und Hobbies. Sie achten verstärkt auf ihr Wohlbefinden und ihre psychische Gesundheit.
In der Wirtschaftspsychologie spricht man gerne von affektivem Commitment. Dieses wird von Meyer und Allen (1997) definiert als: „the psychological state that binds the individual to the organization“. Diese Art des Commitments wächst aus positiven Erfahrungen mit dem Unternehmen und beschreibt die emotionale Bindung der Mitarbeitenden an die Organisation. Wenn Ihre Mitarbeitenden ein hohes affektives Commitment zeigen, dann ist die Wahrscheinlichkeit erhöht, dass sie:
Und all dies, ohne dafür zusätzliches Geld zu erhalten.
Demgegenüber steht ein rein kalkulatorisches Commitment. Der Arbeitgeber wird hier vorrangig zur Erreichung der eigenen Ziele genutzt („Ich will möglichst viel Geld verdienen“ oder „Ich will möglichst schnell in der Karriereleiter aufsteigen“). Wenn sich woanders eine bessere Chance ergibt, wird der Arbeitgeber ohne Zögern gewechselt.
Das Konzept des Quiet Quitting liegt zwischen diesen beiden extremen Ausprägungen. Sogenannte Quiet Quitter sind nicht dazu bereit, mehr zu leisten als das, was vertraglich geregelt ist. Sie lehnen oftmals sogar bezahlte Überstunden ab. Das bedeutet aber nicht, dass sie nicht emotional an ihren Arbeitgeber gebunden wären oder diesen bei nächster Gelegenheit verlassen würden. Sie ziehen lediglich eine klare Grenze zwischen Persönlichem und Beruflichem – und machen dies gegenüber dem Arbeitgeber auch deutlich.
Quiet Quitter haben also nicht innerlich gekündigt. Wenn Arbeitnehmende innerlich gekündigt haben, sind sie so unzufrieden und wenig motiviert, dass sie eine geringere Arbeitsleistung erbringen als die Stelle eigentlich erfordert. Beim Quiet Quitting dagegen geht es nicht um mangelnde Motivation, sondern um Selbstfürsorge: Überlastungen vermeiden, Prioritäten setzen und zum eigenen Wohl klare Grenzen ziehen.
Quiet Quitting bedeutet: Arbeitnehmende wollen das leisten, wofür sie bezahlt werden. Nicht mehr und nicht weniger. Damit bestehen sie aus unserer Sicht auf etwas, das eine Selbstverständlichkeit sein sollte. Das Einstehen für persönliche Grenzen und psychische Gesundheit bedeutet letztlich die Sicherung der eigenen Leistungsfähigkeit – und davon profitieren Sie als Unternehmen!
Wir wollen zum Abschluss noch eine andere Perspektive zumindest kurz beleuchten:
Für viele Menschen stehen Berufs- und Privatleben – trotz der oben genannten Ursachen für Quiet Quitting – nicht in einem Widerspruch. Wenn man den richtigen Job gefunden hat, kann es als sehr erfüllend erlebt werden, dort produktiv zu sein und gerne auch eine Extrameile zu gehen. Der Unterschied ist: letzteres kommt von innen heraus, ist also intrinsisch motiviert und nicht von außen aufgezwungen. Der Schlüssel liegt darin, genau hinzuschauen und Handlungsbedarf an der richtigen Stelle zu identifizieren. Insofern ist das Konstrukt des Quiet Quitting begrifflich irreführend, da man mit „stillem Kündigen“ unweigerlich die „innere Kündigung“ verbindet, bei näherem Hinsehen ergeben sich jedoch differenzierte Rückschlüsse und dadurch praktikable, umsetzbare Lösungsansätze.
Quellen
Meyer, J. P., & Allen, N. J. (1997). Commitment in the workplace: Theory, research, and application. Sage Publications, Inc.
https://www.destatis.de/DE/Presse/Pressemitteilungen/2022/07/PD22_N042_122.html
https://www.gallup.com/workplace/398306/quiet-quitting-real.aspx
https://www.haufe.de/personal/hr-management/das-wahre-definition-von-quiet-quitting_80_574924.html
https://meedia.de/2022/10/19/quiet-quitting-die-rache-der-gen-z/
Bildquelle
On Pixabay
Einstehen für persönliche Grenzen und psychische Gesundheit bedeutet letztlich die Sicherung der eigenen Leistungsfähigkeit - Intrinsische Motivation - nicht extern erzwingen! Wir bei REFLECT helfen Ihnen dabei genau hinzuschauen und gegebenenfalls Handlungsbedarf an den richtigen Stellen zu identifizieren und differenzierte Rückschlüsse und demnach praktikable, umsetzbare Lösungsansätze zu erarbeiten. Wir unterstützen Sie auf diesem Weg!
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