Practice what you preach

            Practice what you preach

            Weshalb Sie Ihre agile Transformation auch agil gestalten müssen

            In dieser Notiz klären wir einen der häufigsten Fehler im Change Management, insbesondere bei agilen Transformationen, auf. Immer wieder treffen wir in der Praxis auf ambitionierte Unternehmen und zielorientierte Manager, die versuchen, das Morgen mit den Mitteln und der Haltung von Gestern zu gestalten.

            Practice_Preach

            Das funktioniert erfahrungsgemäß nicht. Eine Veränderung hin zu einem Zielzustand muss in sich selbst schon mit dem angestrebtem Mindset und den zukünftigen Methoden gestaltet werden. „Der Weg ist das Ziel“ - und auf ausgetretenen Wegen werden Sie keine neuen Erkenntnisse und auch keinen ernsthaften Wandel finden.

             

            Zwei typische Fehler bei agilen Transformationen

            Bei der Begleitung agiler Transformationen erleben wir manchmal, wie die (R)evolution daran zerbricht, dass zwar die Vision eine andere ist, die Denkweisen und Mittel aber dieselben sind wie bisher. Und dass Veränderungen an Glaubwürdigkeit und Energie verlieren, weil sie zwar anders klingen, sich aber gleich anfühlen und gleich aussehen wie das bereits Bekannte.

            Häufig beobachten wir die beiden folgenden Fehler:

             

            1. 1. Agile Methoden als Zweck, statt als Mittel

            Situation: Unternehmen erkennen, dass Agilität eine Eigenschaft ist, die sich immer mehr Wettbewerber aneignen. Sie beobachten, wie andere Unternehmen neue Methoden anwenden und damit auch erste Erfolge feiern. Also nehmen sie sich vor: Wir müssen auch agile Methoden anwenden oder agile Strukturen aufbauen.

            Fehler: Diese Unternehmen eignen sich agile Methoden an, um agile Methoden zu haben bzw. ihre Wettbewerber nachzuahmen. Ihre Manager sehen agile Methodik als Ziel statt als Mittel und Weg an, um zu den eigentlichen Zielen zu kommen, wie einer schnelleren „Time-to-Market“.
            Wenn die Methodik selbst zum Ziel wird, wird die agile Transformation scheitern.
            In der Praxis haben wir beobachtet, wie ein Unternehmen eine Struktur nach dem Spotify-Modell aufbaute, weil „ein Konkurrent das genauso macht“, ohne sich im Klaren darüber zu sein, was das Unternehmen damit eigentlich erreichen will. Und daher auch, ohne sich Gedanken darüber zu machen, ob dieses spezielle Modell genau das richtige Mittel ist, um seine Ziele zu erreichen.


            1. 2. Hehre Ziele, aber wenig agile Umsetzung

            2. Situation: Manche Unternehmen sind einen Schritt weiter und haben begriffen, dass sie in einer VUCA-Welt anpassungsfähiger und kundenzentrierter werden müssen. Sie haben auch verstanden, dass Agilität ein Mittel sein kann, um dieses Ziel zu erreichen. Also planen sie, wie und wo sie agile Methoden und Strukturen einführen müssen, um schneller und effizienter zu werden.

              Fehler: Diese Unternehmen entwickeln gerne in einer zentralen und von Topmanagern angeführten Planungsphase „Agile Blueprints“, agile Methodenstandards und Implementierungskaskaden in schicken Gantt-Charts und merken dann, dass sie an der Praxis und der aktuellen Unternehmenskultur scheitern.
              Auch vergessen sie beizeiten, Kunden einzubeziehen auf ihrem Weg zur kundenzentrierten Organisation, weil diese erst in der Umsetzungsphase in ein paar Monaten zu Rate gezogen werden sollen.

            Im Folgenden konzentrieren wir uns auf diesen zweiten Strickfehler. Also den Fehler, die agile Transformation zu steuern wie ein klassisches Top-Down-Wasserfall-Projekt und mit den Erfolgsrezepten und Haltungen, die uns alle gestern einmal erfolgreich machten.

             

            Warum werden agile Transformationen oftmals gesteuert wie Wasserfall-Projekte?

            In der Praxis erleben wir den zweiten Fehler relativ häufig, was wenig überraschend ist. Schließlich fällt es uns Menschen enorm schwer, bekannte und mühsam erlernte Methoden, Denkweisen und Erfolgsrezepte zur Seite zu legen und ein Veränderungsprojekt mit neuem Mindset und neuen Methoden anzugehen.

            „Unlearning“, also der Prozess des Archivierens oder Ausräumens alten Wissens und unbewusster Heuristiken, ist auch tatsächlich gar nicht so einfach – vermutlich schwieriger als der Lernprozess selbst. Schließlich müssen wir Gewohntes hinterfragen, müssen lernen, mit Ambiguität und Unsicherheit umzugehen, müssen uns trauen, Neues auszuprobieren und dabei auch Fehler zu machen.

            Wir müssen also genau das machen, was wir eben in einer Veränderung, gerade in einer agilen Transformation, anstreben und auch von all unseren Mitarbeitenden verlangen. Und genau hier ist des Pudel’s Kern. Denn wir dürfen auf keinen Fall versuchen, unserer Organisation neues Verhalten mit alten Methoden anzutrainieren.

            „Practice what you preach“ – also: Praktiziere, was du predigst. Oder: “Eat your own dog food” – also: Iss das, was du anderen vorsetzt, auch selbst. So geht echtes Vorbildsein. So geht echtes Lernen und Vorleben. Und nur so funktionieren auch agile Transformationen.

            Agile Transformationen müssen inhärent agil sein! Echte (Business-) Agilität kann nur erreicht werden, wenn Sie auch den Weg dorthin agil gestalten.

            Wie sollen Ihre Mitarbeitenden Ihnen abnehmen, dass Sie kundenzentrierter werden wollen, wenn Kunden und kundennahe Mitarbeitende nicht zu Wort kommen? Wie sollen Ihre Mitarbeitenden Ihnen glauben, dass Sie wirklich agile Teams wollen, wenn Sie Ihre bisherigen Führungskräfte einfach in „Product Owner“ umbenennen? Und wie soll eine Organisation eine agile Transformation ernst nehmen, die keinen Raum für Veränderungen auf dem Weg lässt?

             

            Wie sieht es aus, wenn agile Transformationen inhärent agil sind?

            Um darzustellen, wie eine agile Transformation aussieht, die in sich selbst agil ist, macht es Sinn, sich insbesondere agile Werte und Prinzipien vor Augen zu führen und zu prüfen, inwiefern die geplante oder laufende „agile“ Transformation in der eigenen Organisation diesen Werten und Prinzipien auch tatsächlich entspricht.

            Hierzu kann man verschiedenste Quellen zu Rate ziehen – die Auswahl an Veröffentlichungen zu agilen Mindsets und Grundannahmen ist enorm. Wir haben eine Auswahl an typischen und häufig genannten agilen Werten genommen und zeigen auf, wie diese in einer agilen Transformation angewandt werden können, um die Transformation selbst agil zu gestalten. Auch beschreiben wir in der Darstellung kurz, wie die Umsetzung dieser agilen Werte häufig schiefläuft.

             

            Practice

            Abbildung: Agile Werte, deren Umsetzung und typische Fehler

             

            Wie können agile Transformationen agil gestaltet werden, obwohl noch niemand Agilität „kann“?

            Eine wunderbare Frage. In der Tat gibt es Unternehmen, die in agile Transformationen stolpern, ohne verstanden zu haben, wie sich Agilität eigentlich anfühlt. Typischerweise werden dann zunächst agile Methodentrainings durchgeführt, um alle erstmal zu befähigen. Die Folge: Agile Methoden stehen auf einmal im Mittelpunkt der agilen Transformation und werden, wie bereits oben beschrieben, zum Selbstzweck. Scheitern garantiert.

            Starten Sie stattdessen mit erlebnisorientierten Workshops zum Aufbau eines agilen Mindsets im Topmanagement. Holen Sie sich hierzu eine*n erfahrene*n Agile und Lean Coach mit Organisationsentwicklungshintergrund als Moderator*in – und nicht eine*n Scrum Master, der*die gewissermaßen methodengebunden ist.

            Nutzen Sie diese Workshops auch, um sich gemeinsam zu überlegen, wie ein Veränderungsprozess in Ihrer Organisation nach den eben erlebten und erlernten agilen Werten und Lean Prinzipien gestaltet werden kann.

            Und, nutzen Sie die Workshops auch, um die echten Veränderungshebel auf den verschiedenen Ebenen Ihres Unternehmens zu erkennen.

            Sie beenden diese Workshops also mit einem vertieften Verständnis für agile Werte und Denkweisen, einem Konzept für die agile Gestaltung einer agilen Transformation und der Erkenntnis, dass die Agilität Ihres Unternehmens sich nicht durch die Verbreitung einer agilen Methodik in Ihren Teams verbessern wird.

            Das ist ein ganz anderer Startpunkt, als damit zu beginnen, Scrum zu erlernen. Die Frage wird jetzt nicht sein: „Sollte das Kundenservice-Team nach Scrum oder nach Kanban arbeiten?“, sondern z.B. „Wie schaffen wir es bereits in unserem strategischen Portfoliomanagement nach agilen Prinzipien Fokus zu setzen, um unser großes Ziel, die schnellere Time-to-Market zu erreichen?“. Oder „Wie können wir als Topmanagement die Transformationshindernisse gezielt aus dem Weg räumen?“. Oder „Wie ermöglichen wir den Teams, funktionsübergreifend gemeinsam Wege zu finden, um die Wertschöpfung zu beschleunigen?“

             

            Fazit

            Das Scheitern agiler Transformationen liegt oftmals darin begründet, dass sie ironischerweise nicht agil gestaltet werden und dass agile Methoden zum Selbstzweck verkommen. Daher gilt „Practice what you preach“ – wenden Sie die Werte, Prinzipien und Methoden, die Sie mit Ihrer Veränderung bezwecken eben auch direkt auf die Gestaltung und Steuerung der Transformation an.

            Sie werden erstaunt sein, wie viele „agile“ Transformationen eigentlich Wasserfallprojekte sind, wie häufig Kunden gar nicht erst miteinbezogen werden und Reviews zu Steering Committees mutieren.

            Bitte vermeiden Sie diesen einfachen, wenn auch verlockenden Fehler und prüfen Sie vor und während der Transformation deren inhärente Agilität. Und haben Sie den Mut, auch eine bereits laufende Transformation kritisch zu prüfen und ab der nächsten Iteration zunehmend agiler zu gestalten. Ihre Kunden und Ihre Mitarbeitenden werden es Ihnen danken.

             

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            Sie wünschen Unterstützung rund um die agile Transformation Ihres Unternehmens? Gerne beraten wir Sie in einem kostenlosen telefonischen Erstgespräch.

             


             

             

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            Quelle:

            Bonchek, Mark (2016) Why the Problem with Learning Is Unlearning, Harvard Business Review

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