Glückliche Mitarbeiter bekommt man nicht mit Dauerbespaßung

            Glückliche Mitarbeiter bekommt man nicht mit Dauerbespaßung

            Glück wird oft mit Vergnügungen oder Spaß verwechselt. Das gilt für das Privat- wie auch für das Berufsleben. Warum Glück etwas anderes ist als Spaß und was das für das Umfeld in Unternehmen bedeutet, versuche ich zu klären.

            Einer der wichtigsten Vertreter der positiven Psychologie, Martin Seligman, spricht von drei verschiedenen Konzepten des „glücklichen Lebens“ (siehe auch den Vortrag auf TED):

            1. Vergnügungen

            Das erste bezeichnet Seligman als „pleasant life“, also so etwa „vergnügliches“ oder „angenehmens“ Leben. Es geht hier darum, so viele Vergnügungen wie möglich zu habe, also das, was man üblicherweise unter „Spaß am Leben“ versteht. Aber Achtung, hier gibt es einige Gefahren, insbesondere die Gefahr der Gewöhnung.

            2. Beschäftigung

            Das zweite nennt er „life of engagement“, also etwa „Leben der Beschäftigung“ oder „das engagierte“ Leben. Hier geht es um erfüllende Tätigkeiten, wie z.B. im Beruf, Familie, Freizeit oder Vereinen. Dabei dürfen die Tätigkeiten durchaus mit Mühe (zumindest aus der Sicht der anderen) verbunden sein.

            3. Sinn

            Und das dritte ist das „meaningful life“ also etwa das „sinnhafte“ Leben. Hier geht es darum, zu wissen, wo meine Stärken sind, zu einer Gemeinschaft zu gehören und im Dienste von etwas zu stehen, das größer ist als man selbst.

            Interessant ist nun die Erkenntnis, dass im Sinne eines ganzheitlich erfüllten Lebens und im Sinne von Lebenszufriedenheit Glück aus der richtigen Kombination aller drei Faktoren entsteht. Es zeigt sich nämlich in Studien, dass Vergnügungen nur dann zur Lebenszufriedenheit beitragen, wenn eine erfüllende Beschäftigung und Sinn vorhanden ist – Vergnügungen sind dann das Sahnehäubchen. Aber ohne Beschäftigung und Sinn sind Vergnügungen wertlos. Oder anders herum gesagt: Das Lebensglück besteht aus mehr als nur der Summe der drei Teile, nämlich aus der sich verstärkenden Kombination. Also etwa einer Tätigkeit, die erfüllend ist mit vielen Flow-Momenten, weil sie die eigenen Stärken und Talente anspricht. Wenn diese Tätigkeit dann noch mit einem Sinn oder einem höheren Ziel verknüpft werden kann, dann verstärkt sich das. Und wenn dann noch daran geknüpfte Vergnügungen enthalten sind, dann sind diese umso mehr genussvoll.

            Ich denke, dass die oft missverständliche Verwendung des Glückskonzepts eine Verwechslung von Vergnügen und Glück ist. Daher finde ich es wichtig, Beschäftigung und Sinn als Glückskomponenten eines ganzheitlichen, erfüllten Lebens zu erkennen. Es gilt sogar: Vergnügungen haben einen relativ geringen Beitrag zur Lebenszufriedenheit, wenn Sinn und Beschäftigung fehlen.

            Glück im Wirtschaftsleben

            Was hat das nun mit dem Konzept des Glücks im Unternehmen zu tun? Aus meiner Sicht gilt hier der gleiche Mechanismus: Alle Vergnügungen im Unternehmen sind im Sinne der Arbeitszufriedenheit wertlos, wenn die Tätigkeit keine Erfüllung ist und keinen Sinn macht. Zu den Vergnügungen zählen für mich Dinge wie z.B. hohes Gehalt, diverse Nebenleistungen (Massagen, Kickertisch, Home Office, Parties) und sonstige Add-Ons, die so gerne herausgehoben werden. Der Vorteil: Sie sind einfach nachzuweisen und werden meistens auch von vielen Menschen als erstrebenswert erkannt. Aber wie gesagt: der Glanz verblasst sehr schnell und dann bleibt oft wenig zurück.

            Viel wichtiger deshalb – und hier kommt dann das ganzheitliche Konzept von Seligman zum Tragen – sind die Komponenten Beschäftigung und Sinn. Beschäftigung bedeutet, dass die Aufgabe erfüllend ist in der Hinsicht, dass sie die eigenen Stärken anspricht. Dass also möglichst oft Dinge gefragt sind, die man besonders gut kann. Und das in einem Maße, dass man weder unter- oder überfordert ist. Das Flow-Konzept (Csikszentmihaly) beschreibt, worum es dabei geht und welche Voraussetzungen dafür gegeben sein müssen, in einen Flow-Zustand zu kommen. Dabei ist der übergeordnete Sinn der Tätigkeit noch nicht erforderlich. Zu einem nachhaltig glücklichen Leben gehört das dann aber offenbar dazu. Also: Welchem übergeordneten Ziel arbeite ich zu? Wie wird durch meine Arbeit die Welt ein bisschen besser?

            Wer ist für glückliche Mitarbeiter verantwortlich?

            Ein Missverständnis ist wahrscheinlich aus dem Titel des HBM-Artikels („Die Mitarbeiter glücklich machen“) heraus entstanden. Um es gleich zu sagen: Man kann Menschen nicht glücklich machen, das müssen die schon selbst tun. Es geht eher für Unternehmen und Manager darum, Rahmenbedingungen zu schaffen, in denen Menschen glücklich sein können. Und gemäß dem ganzheitlichen Konzept von Martin Seligman bedeutet das dann:

            Sinn:

            Eine Aufgabe, die Sinn macht, die also einem höheren Ziel beiträgt. Also nicht nur „mehr Gewinn“, „mehr Umsatz“ oder „höherer Aktienkurs“, sondern z.B. “To make a contribution to the world by making tools for the mind that advance humankind.” (Apple). Ein Ziel also, das über die eigene Aufgabe oder den eigenen Einflussbereich hinausgeht. Und auch eine Vision, die vielleicht erst einmal unerreichbar erscheint, auf der anderen Seite aber auch emotional aufgeladen und mit Bildern versehen ist. Leider leisten das die meisten Visionen nicht.

            Beschäftigung:

            Eine Aufgabe, die meine besten Talente und meine größten Stärken anspricht und die mir möglichst viel Erfüllung bereitet. Hier ist auch das 3-K-Modell der Motivation von Hugo Kehr anzubringen. Er spricht von den drei Kompentenen (Kopf, Hand und Bauch) der Motivation. Kopf („Es ist wichtig“) und Hand („Ich kann es“) sind klar, aber oftmals fehlt der Bauch („Es macht mir Freude“). Und wenn der Bauch (oder das Herz) nicht angesprochen werden, dann ist auf Dauer keine Motivation da und man braucht schon sehr viel Willenskraft, um sich zu motivieren. Auf der anderen Seite gibt es übrigens wahrscheinlich keine Arbeit, wo man nicht doch einmal eine starken Willen braucht, um an Dingen dran zu bleiben und wo auch einmal ein Tal kommt.

            Vergnügungen:                                                                                    

            Wenn die ersten beiden Komponenten erfüllt sind, dann sind die Vergnügungen wie das Sahnehäubchen, vor allem, wenn sie zum Sinn und der Beschäftigung passen. Also z.B. eine tolle Party beim Erreichen eines wichtigen Ziels. Oder eine schöne Reise als Anerkennung für eine herausragende Leistung. Und von mir aus auch kostenlose Massagen am Arbeitsplatz.

            Aber am Ende gilt: die Unternehmen oder die Chefs sind nicht für das Glück Ihrer Mitarbeiter verantwortlich. Gute Chefs haben selbstverständlich ein Interesse daran, dass sich ihre Mitarbeiter wohl fühlen und vielleicht sogar glücklich sind - am besten nicht aus reinem Kalkül, sondern aus echtem Intersse an den Menschen. Und sie suchen gemeinsam mit den Mitarbeitern nach dem Sinn und der passenden Aufgabe. Aber wenn das im derzeitigen Arbeitsumfeld nicht geht, dann sind die Mitarbeiter eben selbst dafür verantwortlich, sich ein Umfeld zu suchen, in dem sie ihr Lebensglück finden können – nach dem Motto „Love it, change it or leave it!“. Dabei spielen dann auch die guten Chefs eine Rolle, die man sich suchen sollte (siehe auch meinen Blogbeitrag „Sucht Euch gute Chefs!“).

            Ist es überhaupt gut, wenn die Mitarbeiter glücklich sind?

            Ein weiterer Aspekt, der heftig dirskutiert wurde, ist die Frage, ob Glück im Unternehmen überhaupt positiv auf die Leistung wirkt. Sind also glückliche Mitarbeiter leistungsfähiger? Diesen Aspekt habe ich hier jetzt ausgeklammert, ich bin nämlich aus meiner Erfahrung heraus der Überzeugung, dass das so ist. Und das bedeutet für mich eben nicht, dass Mitarbeiter mit allem jederzeit zufrieden sein müssen. Die Unzufriedenheit mit manchen Zuständen ist sicherlich auch ein starker Antrieb für Veränderungen, ansonsten könnte umfassende Zufriedenheit auch zum totalen Stillstand führen. Aber wenn in der Gesamtbilanz die Unzufriedenheit überwiegt und sich gar auf das Unternehmen als Ganzes überträgt, dann kann das aus meiner Sicht nicht leistungsförderlich sein.

            Empfehlungen

            Ich würde also gerne zwei Empfehlungen aussprechen, eine für die Mitarbeiter und eine für die Unternehmen

            Für die Mitarbeiter

            Schaut bei der Arbeitsplatzwahl eben nicht nur auf die scheinbar leicht mess- und vergleichbaren Gegenleistungen wie Gehalt, Dienstwagen, kostenlose Zusatzleistungen etc. Schaut stattdessen ganz besonders darauf, ob das Unternehmen oder der zukünftige Chef ein Interesse daran hat, ob man eine erfüllende Aufgabe hat, ob man also möglichst oft seine Stärken und Talente einsetzen kann. Und fragt Euch, welchen übergeordneten Sinn die Tätigkeit hat und ob dieser für Euch einen starken Antrieb darstellt.

            Für die Unternehmen

            Gestaltet die Aufgaben so, dass Mitarbeiter die Möglichkeit haben, sich in der Tätigkeit voll einzubringen, achtet auf die besonderen Stärken und fördert diese. Schafft ein Umfeld, das die Mitarbeiter fordert ohne sie zu überfordern. Und achtet darauf, dass der übergeordnete Sinn, das „Ziel hinter dem Ziel“ immer wieder klar wird. Am Ende dürfen natürlich auch die „Sahnehäubchen“ in Form von Vergnügungen nicht fehlen zum idealen Arbeitsplatz und dazu gehört auf jeden Fall auch ein faires Gehalt mit entsprechenden Zusatzleistungen. Aber Defizite in den Glückskomponenten Beschäftigung und Sinn können nicht mit Vergnügungen ausgeglichen oder übertüncht werden. Dann wird das Gehalt ganz schnell zum „Schmerzensgeld“!

             

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