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Neue Arbeitswelten (Teil 2) - Raum und New Work

Geschrieben von Ingo Kallenbach | 1.10.2019

In unserer Serie „Neue Arbeitswelten” widmen wir uns dem Thema „New Work“ und den notwendigen Transformationsprozessen des „Workplace Change“. Neben der Qualität im Umfeld, der Unternehmenskultur, hat die Qualität im Umfeld, die Arbeitsumgebung, einen erheblichen Einfluss auf alle Bereiche einer Gesunden Organisation.

 

Abbildung 1: Qualität im Umfeld im Gesamtkontext der Gesunden Organisation

 

Im zweiten Teil  der Serie schauen wir uns an, wie ein Transformationsprozess erfolgreich umgesetzt werden kann und welche Anforderungen die Arbeitsumgebung, also der Raum, in Bezug auf „New Work“ erfüllen muss.

Nichts so ist beständig wie der Wandel und gerade wenn man sich die Entwicklung der Arbeitswelt im letzten Jahrhundert, in Bezug auf Digitalisierung, Globalisierung und den demografischen Wandel anschaut, stellt man fest, dass die Unternehmen sich schnellstmöglich an das New Work Zeitalter anpassen müssen.

 

Abbildung 2: Entwicklung der Arbeitswelt in Hinblick auf Industrie, Leadership und Arbeitsumfeld

 

New Work oder Arbeit 4.0, was bedeutet das im Hinblick auf die Arbeitsumgebung?

Es ist unumstritten, dass eine Bandbreite an vielfältigen Raumoptionen sich positiv auf die Arbeitgeberattraktivität, die Zusammenarbeit und die Selbstbestimmung der Menschen in der Organisation auswirkt. Besonders eine “Multi-Space” Arbeitsumgebung trägt wesentlich stärker zur Umsetzung der Unternehmensziele bei, als andere Bürokonzepte. Stimmt die Arbeitsumgebung nicht, wird Zusammenarbeit und Innovation gehemmt.

 

Abbildung 3: Anforderungen für ein Gelingen von „New Work“ (i. A. a. Schüller 2019)

 

Anforderungen für ein erfolgreiches Umsetzen von „New Work“ (i. A. a. Schüller 2019)

1. New Work braucht Multiple Organisationsformen

In Zeiten digitaler Transformation ist „command and control“ antiquiert. Multiple Organisationsformen, die innerhalb einer Organisation das jeweils beste Betriebssystem zur Wertschöpfung zulassen, bilden das favorisierte Zukunftsmodell.  Denn diese sind am besten den ständig neuen, meist unvorhersehbaren Anforderungen der Zukunft, dem permanent beta, gewachsen. Mitarbeiter folgen gemeinsam definierten Zielen, arbeiten überwiegend selbstorganisiert und verantworten die erarbeiteten Ergebnisse.

2. New Work braucht eine Wohlfühlkultur

Auch wenn wir Rollen – wie die des „Feel good Managers“ – für fraglich halten, wird zukünftig noch stärker Wert auf ein gutes Klima gelegt. Arbeit soll Spaß machen, dann geht meist auch die Leistung damit einher. Herrscht dagegen ein Klima der Angst oder der Egozentrik vor, geht das immer auch mit Leistungseinbußen einher. Angst ist der größte Leistungskiller und aus Fehlern lernen Menschen vor allem in einer angstfreien Umgebung. Beziehungen auf Augenhöhe statt autoritärem Handeln.

3. New Work braucht Kreativität und Agilität

Agilität ist in aller Munde, siehe. unsere diversen Veröffentlichungen dazu (Serie "Agile Transformation"). Waren schon bisher Wechsel zwischen unterschiedlichen (Führungs-) Rollen häufig der Fall, wird das in Zukunft noch stärker zunehmen. Durch die Zusammenarbeit in crossfunktionalen – und oft auch agilen – Teams, wechseln auch die Rollen häufiger. Wer heute „Product Owner“ am Vormittag ist, ist mittags „einfaches Projektmitglied“ und in der nächsten Rolle „Lead“ eines entsprechenden Kreises.

Die Arbeit wird zunehmend projektbezogener, um den wechselnden Herausforderungen und den damit verbundenen Überraschungen begegnen zu können. In den trägen Massenmärkten der Vergangenheit war dies schlicht nicht notwendig. Agile Methoden und Kollaborationsplattformen unterstützen dabei.

4. New Work bringt neue Formen der Arbeit

Schon seit vielen Jahren gibt es einen Trend, die Kernbelegschaft zu reduzieren, um flexibler am Arbeitsmarkt agieren zu können. Personaldienstleister erleben eine wunderbare Zeit, da die Arbeitsmärkte eng sind. Herkömmliche Arbeitsverhältnisse werden zunehmend aufgelöst durch die Zusammenarbeit mit „Freelancern“, Interimsmanagern, Zeitarbeitsfirmen. Viele Bereiche, die nicht der unmittelbaren Wertschöpfung dienen, wurden schon „outgesourct“. Organisationen werden dadurch flexibler und können schneller auf veränderte Rahmenbedingungen reagieren. Arbeit findet deshalb oft von überall auf der Welt statt.

5. New Work braucht balancierte Führung

Auch wenn viele über flache Hierarchien und Organisationen ohne Führungskräfte reden, Führung wird es immer geben, da sie notwendig ist. Es ist allein die Frage, wie Führung definiert wird und was man darunter versteht. Selbst in vermeintlich flachen Organisationsformen wie der Holokratie oder Zell- und Netzwerkstrukturen, ist Führung unabdingbar.

Dennoch wird sich das Bild der Führungskraft immer stärker ändern (siehe auch unsere Serie dazu). Führungskräfte sehen sich immer neuen Herausforderungen gegenüber: Generationenwandel, technische Innovationen, virtuelle und digitale Führung, Potenzialentfaltung der Mitarbeiter, Gesundheitsmanagement sowie sinn- und werteorientiertes Handeln. Und das alles unter erhöhtem Arbeitsaufkommen bei immer „dünneren“, fluiden Belegschaften und einem Markt, der niemals schläft.

6. New Work braucht „Multi-Space” Büros

Nach dem Hirnforscher Gerald Hüther hat der Mensch vor allem zwei Grundbedürfnisse: Bindung und Wachstum. Menschen möchten wissen, wohin sie gehören und sie wollen wachsen. Schon in der Antike hatte das Haus deshalb 5 Grundfunktionen: Schutz, Zusammengehörigkeit, Kulturpflege, Identitätsstiftung und Wirtschaftlichkeit (Kulick, Quarch & Teunen 2017).

Organisationen können dies ermöglichen, indem sie Nähe schaffen. Wer nah beieinander sitzt oder sich in der Kaffeecke über den Weg läuft, schafft vertrauensvolle Beziehungen. Vertrauen wiederum ist das Bindemittel von Organisationen. Büros sollten deshalb Lebensräume bieten, die den unterschiedlichen Bedürfnissen von Menschen und deren Aufgaben dienen.

7. New Work braucht Haltung „Y“

McGregor unterschied schon 1960 in seiner berühmten Abhandlung unterschiedliche Menschenbilder: X und Y. Haltung X geht eher davon aus, dass der Mensch von sich aus faul, wenig leistungsmotiviert und lernbereit sei. Haltung Y dagegen, dass der Mensch engagiert, motiviert und leistungsorientiert sei. Den Schlüssel sah McGregor übrigens schon damals in selbstbestimmter Arbeit und flachen Hierarchien.

Neue Arbeit benötigt deshalb eine Y-Haltung, da Vertrauen, als Konsequenz dieser Haltung, selbstbestimmtes, verantwortliches und flexibles Arbeiten erst ermöglicht. Vereinfacht gesagt: wenn ich X denke, dann muss ich (permanent) kontrollieren. Kontrolle dieser Art erfordert einen hohen Zeitaufwand, verhindert Eigenverantwortung und Potenzialentfaltung, und macht die Organisation langsam.

Arbeitsmodi

Um den Anforderungen von “New Work” zu entsprechen, haben sich folgende Arbeitmodi und Raumkonzepte etabliert:

- Räume für ruhiges Arbeiten, z.B. hochkonzentriertes Arbeiten, Nachdenken, Lesen

  • - Räume für Teamarbeit, z.B. Meetings, Abstimmungen, Planungen
  • - Räume für kreatives Arbeiten, z.B. agile Prozesse, Brainstorming, Projektarbeit
  • - Räume für Büroarbeit, z.B. Telefonieren, Abstimmungen

 

Abbildung 4: Arbeitsmodi in “New Work”

 

Persönliche Präferenzen

Neben den Arbeitsmodi darf man den wichtigsten Erfolgsfaktor nicht vergessen: den Menschen. Menschen sind Individuen und jeder für sich einzigartig. Die individuellen Bedürfnisse der Mitarbeiter müssen bei der Arbeitsumgebung mitberücksichtigt werden. Manche Mitarbeiter sind eher introvertiert und können in “Open-Space” Raumkonzepten ihr volles Potenzial nicht ausschöpfen. Andere hingegen werden erst im Team zu Höchstleistungen angespornt.

 

Fazit

Die notwendige Transformation der Arbeitswelt ist unumgänglich. Die Arbeitsumgebung, also der Raum, spielt eine tragende Rolle in “New Work” denn “New Work” kann nur dann gelebt werden, wenn die räumlichen Rahmenbedingungen dafür geschaffen sind.

Neben den unterschiedlichen Arbeitsmodi, sollte auch auf die Persönlichkeit und individuellen Präferenzen der Mitarbeiter in Hinblick der Arbeitsumgebung eingegangen werden. Die Räumlichkeiten müssen deshalb ein optimales Umfeld bieten, das beiden Aspekten Rechnung trägt.

Die Mitarbeiter sollten außerdem die Flexibilität haben, sich die Arbeitsumgebung individuell, entsprechend ihrer persönlichen Präferenz auszusuchen, damit sie ihr volles Potenzial ausschöpfen können.

 

Weitere Blog-Beiträge aus der Serie "Neue Arbeitswelten":

Neue Arbeitswelten (Teil 1) - Raum und Qualität im Umfeld

 

 

 

 

Literatur:

Kulick A., Quarch, C. & Teunen, J. (2017). Officina Humana: Das Büro als Lebensraum für Potentialentfaltung. Avedition

McGregor, D. (1960). The humanside of enterprise. McGraw-Hill

Schüller, A. (2019). Was New Work bedeutet – in 7 Punkten erklärt. Computerwoche, 07.06.19