Die Rückkehr ins Büro - Teil 2
Hybrides Arbeiten gelingt, wenn Arbeitsmodi berücksichtigt werden
In unserer letzten Notiz...
„Die Rückkehr der Menschen“ – was klingt wie der verheißungsvolle Titel eines Fantasy-Romans – wird aktuell und in naher Zukunft zu einer sehr reellen Herausforderung für viele, wenn nicht sogar alle Unternehmen.
Vieles wird derzeit dazu in den Vorstandsetagen, bzw. den Vorstands-Homeoffices dazu erdacht. Und dabei stellen wir oftmals fest: Leider nicht differenziert genug. Ähnlich sieht es aus, wenn man mal wieder mal bei LinkedIn oder Xing über eine der unzähligen Umfragen stolpert: „Büro oder Homeoffice – Wo wollt ihr in Zukunft arbeiten?“ oder „Wie viele Tage Büro, wie viele Tage Homeoffice wollt ihr in Zukunft?“
Wer das so liest, der stellt sich vielleicht einfach mal folgende Frage:
Eine gute Frage, in der Tat. Warum sollte sich etwas verändern? Warum sollten die „Erfolgsrezepte“ der Vergangenheit nach der Pandemie nicht mehr ziehen?
Wir glauben: Die Pandemie war „lediglich“ ein Katalysator für eine fast unausweichliche Entwicklung. Auch vor Corona beschäftigten sich zahlreiche Unternehmen mit New Work-Konzepten, mit Betriebsvereinbarungen für mehr Homeoffice-Arbeit, mit der Reduktion von Büroplätzen, mit dem Aufbau von Multispaces.
Diejenigen, die vor der Pandemie das Homeoffice als Ort des Müßiggangs und der Prokrastination gesehen hatten, wurden im letzten Jahr eines Besseren belehrt. Für viele unerwartet, führte umfassende Homeoffice-Arbeit nicht zum Desaster.
Bereits im September 2020 titelte das Harvard Business Manager-Magazin: „Büros – Das Ende einer Ära“. In einer Studie des Fraunhofer-Instituts für Arbeitswirtschaft und Organisation sagten 39 % der Beschäftigten aus, produktiver als im Büro arbeiten zu können und 44 %, gleich produktiv wie im Büro zu arbeiten.
Gleichzeitig stellte sich laut derselben Studie nach ca. 16 Wochen im Homeoffice eine sinkende Tendenz des Informations-, Arbeits- und Kreativitätsflusses ein. Das heißt: Die ersten Wochen im Homeoffice „pushten“ viele Organisationen – nach einer gewissen Zeit traten allerdings Ermüdungserscheinungen auf. Wir lernen daraus: Alle immer nur im Homeoffice – das scheint langfristig keine gute Lösung zu sein.
Also: Ein „Weiter wie davor“ wäre blind gegenüber den Arbeitsweltentwicklungen, die bereits vor der Pandemie stattfanden und würde auch die neu gewonnenen Erkenntnisse über Heimarbeit ignorieren.
Es gilt daher, das Neuerlernte zielführend anzuwenden. Die logische Antwort für viele: Hybrides Arbeiten! Nicht gänzlich neu, aber immer präsenter. Und leider oftmals in seiner Ausgestaltung zu kurz gedacht.
Hybrides Arbeiten –der Mix aus Arbeiten im Büro und im Homeoffice – wird die nächsten Jahre die Arbeitswelt stark beschäftigen. Auch wenn das Konzept an sich nicht neu ist, ist es doch eine interessante Nuance. Denn die Einführung agilen Arbeitens hat vielerorts dazu geführt, dass Mitarbeitende wieder stärker präsent sein sollten – und Offices wurden aufwändig umgestaltet, in offene, cross-funktionale und multi-nutzbare Arbeits- und Lebensräume.
Office-Design-Firmen und Bürovermieter haben sich vor Nachfragen kaum retten können – bis die Pandemie kam. Nun ist die Lage anders. Das Homeoffice hat sich etabliert und wird von vielen so schnell nicht gänzlich aufgegeben werden wollen.
Es gilt also, hybride Arbeitsmodelle zu finden, die Sinn machen. Und genau da liegt das Problem: Denn viele Manager sehen gerade nur 2 Hebel, die sie betätigen können: Tage im Homeoffice – und Tage im Büro. Und so lautet die Frage eben meistens: „Wie viele Tage sollen die Mitarbeiter ins Büro kommen?“ Und glauben Sie uns – das ist die falsche Frage.
Lassen Sie sich nicht auf die oben skizzierte Tages-Feilscherei ein. Das ist eine Zwecklos-Diskussion, bei der es keine gute Antwort geben kann, da die zugrundeliegende Frage falsch ist. Es muss Ihnen ja darum gehen, von den Zielen und dem Zweck Ihres Unternehmens aus zu denken. Stellen Sie sich also die Frage:
Was sind denn Ihre Ziele? Vermutlich möchten Sie produktiver, kundenzentrierter, effizienter oder innovativer werden oder gleich alles zusammen. In jedem Fall brauchen Sie dafür unternehmerisch denkende und handelnde Mitarbeitende, die ihr Potenzial entfalten können, richtig? Denn motivierte Mitunternehmer*innen helfen Ihnen dabei, die Produktivität und Effizienz zu erhöhen, weil sie neue Wege finden, Standardarbeiten schneller zu erledigen. Sie helfen Ihnen dabei, neue Ideen zu generieren und Kundenbedarfe besser zu verstehen, weil sie sich ernsthaft für die Organisation, ihre Produkte und deren Nutzer interessieren und es als persönlichen Anreiz nehmen, Nutzerinnen glücklich zu machen.
Das heißt, hybrides Arbeiten muss in jedem Fall dazu beitragen, dass Mitarbeitende zu Mitunternehmern werden können, wollen, dürfen und sollen – um dann eben die oben genannten Faktoren zu fördern.
In der Folge lautet die Frage: Wie muss ein hybrides Arbeitskonzept aussehen, dass Mitunternehmertum fördert?
Die Antwort: Es muss (unter anderem) Autonomie fördern. Es muss Mitarbeitende als erwachsene Menschen anerkennen und ihnen das Vertrauen ausstrahlen, dass sie selbst bzw. in ihren Teams unternehmerisch sinnvolle Entscheidungen über ihren Arbeitsort treffen können.
Das heißt, idealerweise streben Sie in Ihrem Unternehmen selbstorganisiertes hybrides Arbeiten an statt Mitarbeitenden den Arbeitsort überzustülpen oder sie in einen pseudo-selbstorganisierten Kontext zu bringen, in dem zwar das Team kontrolliert, wie gut die Arbeitsqualität ist – aber das Unternehmen vorschreibt, wo die Arbeit zu erledigen ist (und damit die Arbeitsqualität stark beeinflusst).
Wir glauben, dass in selbstorganisiertem hybridem Arbeiten die Zukunft des Arbeitens liegen wird. Das bedeutet, dass Mitarbeitende selbst entscheiden, wo sie arbeiten – diese Entscheidung jedoch nach Konsultation mit ihren Teamkolleg*innen treffen. So kann das Team z.B. gemeinsam erarbeiten, dass sich bestimmte Tage, z.B. aufgrund von Regelmeetings wie Plannings, Reviews und Retros, gemeinsamer kreativer Workshops oder bereichsübergreifender Lernformate für Arbeiten im Büro anbieten.
Einzelne Mitarbeitende können entsprechend dieser gemeinsamen Empfehlung die Entscheidung über ihren Arbeitsplatz treffen. Hier wird sich voraussichtlich schnell zeigen, dass Teams sich so organisieren werden, dass sie alle zu Hause bzw. alle gemeinsam im Office arbeiten.
Denn, wir alle wissen, wie anstrengend mixed-Meetings sind, in denen einige vor Ort und einige wiederum zu Hause vor ihren Laptops sitzen (Anmerkung: Eines Tages wird dies sicherlich durch Virtual und Augmented Reality sowie fortgeschrittene Videokonferenztechnologie besser möglich sein).
Der Clou an der Sache: Die Kontrolle über die Arbeitsqualität muss dann ebenfalls im Team liegen.
Das Ziel ist, einen selbstorganisierten und selbstregulierenden Teamkontext zu entwickeln, in dem Kolleg*innen Feedback zu ihrer (Zusammen-) Arbeitsqualität und damit zu ihrer Arbeitsortwahl erhalten und dass auf Basis dieses Peer-Feedbacks ein Teamsystem entsteht, welches Prinzipien und Heuristiken zur Wahl des Arbeitsortes als Grundlage nimmt.
In unseren nächsten Notizen werden wir darlegen, warum selbstorganisiertes hybrides Arbeiten sich ganz direkt auf Produktivität und Kreativität sowie Mitarbeiterengagement und Teamperformance auswirkt – da es verschiedene Arbeitsmodi und verschiedene Arbeitstypen berücksichtigt.
Statt sich mit Ihren Führungskollegen, dem HR-Team und dem Betriebsrat in die Sackgassen-Diskussion nach der Anzahl an Homeoffice-Tagen zu begeben, richten Sie die Blicke aller Beteiligten auf die Ziele des Unternehmens.
Und dann auf die „Zutaten“, die es braucht, um diese Ziele, diese Vision, diesen Purpose zu erfüllen. Typischerweise ist die Hauptzutat: Engagierte Mitunternehmer*innen statt unmündigen Mitarbeitenden.
Von jetzt an sollte eigentlich klar sein, dass das Überstülpen eines mechanistischen Präsenz- oder Homeoffice-Zwangs nicht zielführend ist. So ungewohnt es auch sein mag: Legen Sie die Entscheidung über den Arbeitsort in die Hände Ihrer Mitarbeiter und vertrauen Sie Ihren Teams, unternehmerisch sinnvolle Entscheidungen zu treffen, wo und wie sie am produktivsten, kreativsten oder konzentriertesten arbeiten können.
Denn: Die müssen es ja wissen. Im Gegensatz zu Ihnen. Schließlich können Sie gar nicht wissen, welche Arbeitsortkonstellation für welches Team am besten ist. Und das müssen Sie auch nicht. Dafür haben Sie ja ihre schlauen Mitarbeitenden. Und wenn Sie das erst mal ausprobieren wollen, starten Sie doch mit 2 - 3 Pilotteams. Wir helfen gerne.
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Bockstahler; Jurecic; Rief (2020): Homeoffice Experience. Eine empirische Untersuchung aus Nutzersicht während der Corona-Pandemie, Fraunhofer IAO
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