Neue Arbeitswelten (7) - Raum und hybride Prozesse
Im siebten Teil der Serie Neue Arbeitswelten befassen wir uns mit den Anforderungen „hybrider“...
Eine hybride Arbeitswelt ist bereits Realität – und wird in Zukunft eher an Bedeutung gewinnen als verlieren. Die Kombination von Präsenz- und Remote-Arbeit wird das Bild in vielen Organisationen prägen und das Neue Normal für viele Wissensarbeiter*innen sein. Bereits in unseren Notizen im April und Mai 2021 zeigten wir auf, wie hybride Herausforderungen gelöst werden können – zum Beispiel die Frage nach Anwesenheitstagen. Unsere Antwort war und ist einfach, aber nicht leicht umzusetzen: Vertrauen Sie selbstorganisierten Teams, sich so zu organisieren, dass unterschiedliche Arbeitsmodi und Arbeitstypen berücksichtigt werden. In dieser Notiz nehmen wir hybrides Arbeiten und hybride Meetings genauer unter die Lupe. Denn unsere Kunden fragen: Wie können wir hybrides Arbeiten ganz konkret gestalten?
Unsere Empfehlungen stellen einen pragmatischen Auszug dar – aus der Praxis für die Praxis. Als hilfreich empfinden wir die folgende Strukturierung für einen besseren Überblick:
1. Intelligente Asynchronisierung
Hybrides Arbeiten bietet die große Chance, durch Asynchronisierung Besprechungen zu reduzieren, diese zu verkürzen und so insgesamt effektiver zu arbeiten.
- Sammeln Sie Feedback auf Zwischen- und Endprodukte asynchron ein, statt extra Besprechungen hierfür einzustellen. Hier helfen zum Beispiel Sharepoint und Google Drive (Achtung Datenschutz) dabei, dass alle Kolleg*innen Dokumente live kommentieren und bearbeiten können.
- Bereiten Sie Ihre Besprechungen noch besser vor als in Präsenz. Das muss nicht unbedingt lange dauern. Nutzen Sie Ihr hybrides Team im Vorhinein, um die Agenda bereits vorab zu füllen, Fragen einzusammeln oder um Hinweise und Ideen auf die in der Besprechung zu entscheidenden Fragen einzusammeln.
- Dokumentieren Sie Besprechungen live, digital und auf einer geteilten Plattform. Bei der Dokumentation von Besprechungen geht es nicht darum, den Besprechungsverlauf widerzuspiegeln, sondern insbesondere die Ergebnisse, Beschlüsse und nächsten Schritte festzuhalten.
2. Eindeutiger Besprechungskodex
Was in Präsenz gilt, ist in hybrid noch wichtiger: Gemeinsame Prinzipien zur Gestaltung von Besprechungen.
- Achten Sie als Team gemeinsam darauf, dass Redebeiträge kurz und klar sind und dass redundante Aussagen vermieden werden. Statt zum Beispiel in anderen Worten das zu wiederholen, was eine Kollegin eben sagte, sagen Sie zur Zustimmung doch einfach „Plus 1“ oder „Bingo!“. Das spart jedes Mal eine gute Minute und trägt zu effizienten, effektiven und erfrischenden Meetings bei.
- Leider immer von vielen Organisationen nicht wirklich verstanden und eingesetzt, ist die Moderatorenrolle. Diese braucht es in Präsenz - und in hybriden Meetings ist sie quasi unverzichtbar. Die Moderatorin trägt durch Prozesssteuerung dazu bei, dass die Teilnehmer*innen ihre Meeting-Ziele erreichen und dass remote und Präsenz-Kolleg*innen zielführend zusammenarbeiten. Übrigens: Die Moderatorin muss nicht auch noch Tech-Expertin, Protokollantin und Zeitwächterin sein. All diese Rollen kann oder sollte es geben – und sie sollten im Team verteilt sein.
- Eine, wie wir finden, sinnvolle Regelung für hybride Arbeitskontexte ist: An Tagen, an denen der Arbeitsmodus vor allem auf Zusammenarbeit ausgerichtet ist, und daher möglichst alle vor Ort sind, sollte auf virtuelle Besprechungen verzichtet werden. Finden hybride Besprechungen statt, sollten Teilnehmer*innen vor Ort sich in einem Raum zusammensetzen. Ist die Konferenz-Technologie vor Ort nicht gut (z.B. keine Fischaugenkamera, die alle einfängt und kein gutes Mikrofon), klinken sich alle selbst in die Besprechung ein, sodass alle gut zu sehen und zu hören sind. Stummschalten nicht vergessen. 😉
3. Proaktive Inklusion
Die Integration von remote Teilnehmer*innen ist für viele eine Herausforderung. Das muss es nicht sein – ein paar einfach umsetzbare Tipps helfen:
-Beteiligen Sie zuerst Ihre remote Kolleg*innen. Das fördert deren Aufmerksamkeit und sorgt bei Präsenzteilnehmer*innen für eine stärkere Wahrnehmung der virtuellen Gesprächspartner*innen.
- Geben Sie remote Teammitgliedern die Möglichkeit, während eines Meetings Fragen zu stellen, ohne die Sprechende zu unterbrechen, z.B. per Chatfunktion oder per Q&A-Tool.
- Nutzen Sie Umfragetools zur Meinungsbildung und Entscheidungsfindung. Dies gibt allen die Möglichkeit der Beteiligung und spart enorm Zeit. Remote Teammitglieder haben es so einfacher, ihrer Stimme das entsprechende Gewicht zu verleihen – so werden Entscheidungsrunden demokratischer. Denn wer vor Ort mit mehreren Personen im Raum ist, wird sich normalerweise leichter tun, die anderen durch starke Argumentation, Körpersprache und Nähe zu überzeugen und Vertrauen zu schaffen. Dasselbe gilt für Brainstorming-Sessions – nutzen Sie hier einfache inklusive Tools wie Mural, Conceptboard oder Miro.
4. Erhöhte Aufmerksamkeit
Gerade durch die physische Distanz fällt es uns schwerer, andere wirklich wahrzunehmen und zu spüren.
- Achten Sie deshalb auch auf kleine Signale und sprechen Sie diese fragend an. Wenn Sie einen überraschten oder verwirrten Gesichtsausdruck bei einem Kollegen in der Videokonferenz wahrnehmen, fragen Sie nach – und zwar offen und neugierig interessiert („Michael, du wirkst überrascht. Möchtest du etwas mit uns teilen?“). Dafür ist es natürlich notwendig, dass alle ihre Kameras eingeschaltet haben. Achten Sie genauso auf kleine technische Hinweise, z.B. wenn Kolleg*innen ihre Stummschaltung kurz aufheben.
- Ermöglichen Sie sowohl in Gesprächen als auch zwischen Besprechungen Pausen. In Gesprächen, damit insbesondere remote Teilnehmer*innen die Möglichkeit haben, ihre Redebeiträge zu strukturieren und zu kommunizieren. Zwischen Besprechungen, damit alle die Möglichkeit haben, sich das zu holen, was Sie gerade brauchen: Kaffee, frische Luft etc. Stellen Sie doch zum Beispiel Ihr Firmen- oder Team-Outlook so um, dass Besprechungen automatisch 10 Minuten früher enden. Glauben Sie uns: Was Sie in 60 Minuten Besprechungszeit schaffen, schaffen Sie mit frischem Kopf auch in 50 Minuten. Pausen bieten neben Regeneration auch den Vorteil höherer Energie und besserer Vorbereitung und nicht zu vergessen: Pünktlichkeit. Alle profitieren. Ein weiterer Weg, den Besprechungsmarathon zu durchbrechen: Besprechungen nur nachmittags – oder an allen Tagen außer Montag. Sprich: Besprechungsfreie Zeiten oder feste Fokuszeiten schaffen, um auch anderen Arbeitsmodi Raum zu geben.
- Nutzen Sie Check-ins und Check-outs, Kudo-Sessions oder Mini-Icebreaker, um die Energie in der Besprechung wahrzunehmen, Empathie zu ermöglichen und dem Teamgefühl Raum zu geben. Die kurze Zeitinvestition lohnt sich, denn wenn Menschen eine Besprechung beginnen, indem Sie sich mitteilen oder ein Erlebnis miteinander teilen, werden Gesprächsbarrieren reduziert und Vertrauen aufgebaut. Dies trägt erwiesenermaßen zu ehrlicheren Gesprächen und damit produktiveren Besprechungen bei.
5. Exzellente Technik
Besprechungs- und Kollaborationstechnologie ist oftmals der Ermöglicher oder Verhinderer hybrider Zusammenarbeit und damit eine notwendige Bedingung für erfolgreiche hybride Teams.
- Sorgen Sie dafür, dass vor Ort im Büro und auch bei allen Kolleg*innen zuhause sehr gute Audio- und Videoqualität vorhanden ist. Viele hybride Besprechungen werden allein dadurch anstrengend, dass Menschen nicht gut zu verstehen und zu sehen sind. Wer sich im Home-Office anstrengen muss, um eine Kollegin im Office-Konferenzraum zu verstehen, der wird im besten Fall einen Hinweis auf die schlechte Audioqualität geben, im wahrscheinlichsten Fall angestrengt zuhören und im schlechtesten Fall einfach mental abschalten. Statten Sie daher alle Kolleg*innen mit ordentlichen Kopfhörern und Kameras/Laptops, und ihre Besprechungsräume mit professioneller Akustik sowie Audio- und Videohard- und -software aus.
- Nutzen Sie wenige gute Programme für Ihre hybride Zusammenarbeit, stellen Sie sicher, dass diese möglichst wenig redundant sind und legen Sie im Team fest, wofür und wie diese genutzt werden.
Was nach einem einfachen Tipp klingt, klappt in der Praxis oft nicht. Wir erleben häufig, dass Programme zweckentfremdet („Klar, wir haben Jira – aber unser Projektbacklog lässt sich auch auf Conceptboard managen.“) oder verschiedene Programme parallel für denselben Zweck genutzt werden („Manchmal nutzen wir Teams, manchmal Confluence für unsere Meeting-Notizen. Funktioniert beides gut.“). Diese Dinge kosten viel Zeit, Geld und Nerven – und erschweren hybrides Arbeiten unnötig.
Hybrides Arbeiten ist für manche trotz Pandemiezeiten noch immer ungewohnt. Gerade deshalb sind viele skeptisch gegenüber hybriden Arbeitskontexten und Besprechungen. Und das oft aus gutem Grund: Denn viele Unternehmen haben hybrides Arbeiten noch lange nicht gemeistert und fördern durch einfache Fehler und Unachtsamkeiten negative hybride Erlebnisse. Das ist schade und unnötig.
Denn hybrides Arbeiten bietet enorme Chancen – und lässt sich durch das Aneignen neuer Verhaltensweisen und dem Einhalten einfacher Prinzipien schnell und einfach meistern. Gehen Sie daher ins Gespräch mit Ihren Kolleg*innen und Teams über deren hybride Erlebnisse und prüfen Sie, welche unserer Tipps helfen können, Quick Win‘s zu erzeugen.
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