Positive Leadership - Die Revolution in der Führung (Ruth Seliger)

            Positive Leadership - Die Revolution in der Führung (Ruth Seliger)

            Die Welt ändert sich - zum Glück! Und mit ihr die Ansätze in der Führung. In dieser Notiz stellen wir Ihnen ein Buch vor, welches einen der neueren, ernstzunehmenden Ansätze moderner Führungskonzepte beschreibt: Positive Leadership (PL). Ob revolutionär - sei mal dahin gestellt. Für regelmäßige Leser unserer Notizen jedenfalls nicht wirklich neu, aber: jetzt ist ein neues Buch zum Thema erschienen. Nehmen wir es unter die Lupe.

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            Die Autorin Ruth Seliger beschreibt sich selbst als Praktikerin, die auf dem Boden der Theorie steht. Diese Selbsteinschätzung passt gut zum Buch: Auf 25 Seiten vermittelt Seliger einen kurzen Überblick der theoretischen Grundlagen des Konzepts: Positive Psychologie, Systemisches Denken, Hirnforschung und neue Erkenntnisse der Wirtschaftswissenschaften. Für einen ersten Eindruck völlig ausreichend, wird dieses Buch vermutlich ohnehin eher von Praktikern gelesen. Das Buch selbst gliedert sich in zwei Bereiche: Einem eher konzeptionell-methodischen und einem Praxisteil, in dem sie Positive Leadership in der Anwendung beschreibt. Neben den theoretischen Grundlagen beschreibt Selinger im ersten Teil des Buches den Paradigmenwechsel, den wir in Gesellschaft und Wirtschaft in den letzten Jahrzehnten erleben können: Dezentrale Strukturen, Vertrauenskultur, Sinn und Werte als Steuerungsgrößen, Lebende Systeme etc. Das alles ist richtig und gibt einen kurzen Überblick zu aktuellen Trends. Allerdings kommt die Autorin dann zu dem überraschenden Schluss, dass Positive Leadership ein Überbegriff für dieses neue entstehende Bild und Verständnis von Führung ist. Bei aller Wertschätzung für das Konzept, ist das doch etwas zu weit gegriffen. Der eigentliche Paradigmenwechsel, auf den Positive Leadership rekurriert, fand in der Entstehung der Positiven Psychologie statt - nämlich in der bahnbrechenden Rede von Martin Seligman 1998, in welcher er auf einem Psychotherapeutenkongress die Teilnehmenden aufrief, sie sollten sich nicht mehr ausschließlich mit seelischen Krankheiten beschäftigen, sondern damit, was Menschen gesund erhält. Das hatte eine enorme Wirkung und zog bis heute unzählige Forschungsarbeiten nach sich. Unklar bleibt auch die Ableitung der von ihr genannten Grundprinzipien des PL: Sinn, Zuversicht und Einfluss. Hier hätte die Autorin den Bezug zu den vorher entfalteten Begriffen klarer herstellen können.

            Der methodisch-konzeptionelle erste Teil des Buches wird abgerundet durch zentrale Konzepte wie bspw. „Appreciative Inquiry“, die den meisten Beratern in diesem Bereich wohl bekannt sein dürften, für Führungskräfte aber möglicherweise eine interessante Alternative im Rahmen von Befragungen oder Veränderungsprozessen sein können.
            Der folgende Praxisteil ist gut strukturiert in drei Teilbereiche: Wie führe ich mich selbst, wie baue ich positive Beziehungen zu Menschen auf und wie entwickle ich positive Organisationen. Hier stellt Seliger diverse Vorgehensweisen, Methoden und Werkzeuge dar, immer wieder gespickt mit Beispielen aus ihrer Beratungspraxis.

            Zu kurz kommt aus unserer Sicht das Aufzeigen von Grenzen dieses Ansatzes und des Misslingens in der Umsetzung. Seliger widmet diesem Teil leider nur 1 Seite, aber vielleicht passt ja das Scheitern ihrer Meinung nach nicht in ein solches Buch. Schade. Unseres Erachtens hätte sie hierdurch dem oft gemachten Vorwurf des „Sozialromantikertums“ einen (positiven) Kontrapunkt setzen können.
            Eine letzte Irritation, die mich als männlichen Leser gleich zu Beginn des Buches ereilt hat: Im Vorwort beschreibt die Autorin PL als weibliche Form der Führung, da Führung ja lange ein „Männerthema“ war und es jetzt notwendig sei, die Seite der Frauen mitzudenken. Nicht nur, dass die Begründung nur mit Mühe nachvollziehbar ist, man fühlt sich als männlicher Befürworter von PL sogar ein Stück weit der Androgynität verhaftet. Was wiederum ja durchaus positiv sein könnte, sollen Androgyne doch über eine höhere psychische Stabilität und eine größere Bandbreite zur Lösung von Problemen verfügen.

            Fazit
            : Sieht man von den dargelegten Einschränkungen ab, halten wir dieses Buch durchaus für Führungskräfte und Organisationsberater geeignet, die auf der Suche nach modernen Führungsansätzen sind, sich mit dem Konzept des Positive Leadership auseinandersetzen möchten und praktische Tipps zur Anwendung erwarten.
             

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