Wie wir in der Zukunft arbeiten werden (Teil 2)

            Wie wir in der Zukunft arbeiten werden (Teil 2)

            Ein Blick in die Zukunft, wie wir arbeiten und leben werden. Perspektiven und Eindrücke von der „Learning Journey“ mit vitra aus New York, Seattle, San Francisco und der Bay Area.

            Hintergrund - 27 “Insights” in 5 Tagen

            Wie schon im vorigen Blogbeitrag beschrieben, bot sich als Kooperationspartner von vitra die Gelegenheit, an der diesjährigen „Learning Journey“ an der Ost- und Westküste der USA teilzunehmen.
            Ein einmaliges Event, um in kurzer Zeit fantastische Einblicke in die Arbeitsplatzgestaltung der Zukunft zu bekommen.
            In einer Gruppe von 20 Personen unter der Leitung von Raphael Gielgen, Head of Research & Trendscouting bei vitra, standen neben den “digital leading companies” auch Vorträge und Diskussionsforen mit führenden Architektenbüros wie Gensler, BIG oder O & A  auf dem Programm.

            design

             

            Trends - was zeichnet sich ab?

            8 Trends lassen sich übergreifend differenzieren:

            1. Gesundheit als Treiber Nummer 1
            2. „Biophilic Design“
            3. Flexible Raumgestaltung
            4. „Design follows function“
            5. „Resort-Oase“ oder „Kulturzentrum“?
            6. „Desk Sharing“ - ja oder nein?
            7. Nachhaltigkeit bleibt im Trend
            8. „Culture eats strategy for breakfast, design for lunch and architecture for dinner“

            Auf die ersten 4 Trends bin ich im letzten Blogbeitrag schon eingegangen, es folgen wie angekündigt Trends 5-8.


            „Resort-Oase“ oder „Kulturzentrum“?

            Unterschiedliche Ausprägungen zeigen sich hinsichtlich der Offenheit des Gesamtsystems.
            So schottet sich Apple beispielsweise völlig von der Aussenwelt ab - das neue Gebäude in Cupertino wirkt wie eine Burg. Besucher sind nicht erlaubt, nur im Besucherzentrum.
            Instagram in Menlo Park (CA) hingegen setzt auf einen größtmöglichen Austausch mit der umliegenden Nachbarschaft. Mitarbeiter werden dazu ermuntert, möglichst viele ihrer Freunde und Familien mitzubringen, um für Austausch, Transparenz und Nähe zu sorgen.
            Dieser Austausch soll jedoch nicht in der üblichen Besichtigungstour oder einem „Tag der offenen Tür“ stattfinden, sondern tatsächlich dem Aufbau einer Gemeinschaft dienen.

            Auch die Adidas Creator Farm in Brooklyn geht einen identischen Weg. Durch gemeinsame Feiern mit den umliegenden Nachbarn wird Gemeinschaft gelebt, wie es bei uns nur in guten nachbarschaftlichen Verhältnissen üblich ist. Die Firmen öffnen sich dadurch der Gesellschaft und beide Seiten können davon profitieren.
            Andere Firmen wie Slack bieten ihren Mitarbeitern nahezu alles, was sie benötigen, um das Firmengebäude nicht verlassen zu müssen. Von gut gefüllten Kühlschränken mit kostenlosem Essen, über Massageangebote und Fitnessräume ähneln diese Firmen eher 5-Sterne-Resortanlagen als Bürogebäuden.

            Als google damals noch ausserhalb in Mountain View residierte, hatten sie ebenfalls sämtliche Annehmlichkeiten angeboten, da es außerhalb nur wenige Möglichkeiten gab. Als sie dann nach San Francisco umzogen, haben sie zunächst dasgleiche gemacht, was dazu führte, dass selbst Starbucks nach einer Weile ihren Laden dicht machen musste.
            Inzwischen geht auch google hier einen anderen Weg und sorgt durch das neue Raumkonzept stärker für einen Austausch mit der unmittelbaren Nachbarschaft.

            Einen Kompromissweg beschreitet amazon. In ihren sehenswerten Gebäuden in Seattle bieten sie ihren Mitarbeitern nahezu alle Möglichkeiten an, die diese brauchen.
            Allerdings werden diese nicht subventioniert. Das heißt: die Mitarbeiter zahlen in der Kantine genauso viel für ihren Cappuccino wie außerhalb im Café.
            Inzwischen arbeiten 40.000 Mitarbeiter direkt im Zentrum von Seattle. Die Energie ist innerhalb und außerhalb des Gebäudes hoch und sehr lebendig.


            „Desksharing“ - ja oder nein?

            Werden in Deutschland neue Bürogebäude geplant, so stehen meist Einsparungsmöglichkeiten durch das Teilen von Schreibtischen („desk sharing“, „free seating“) zur Diskussion.
            Studien zeigen, dass Mitarbeiter im Durchschnitt nur 39% tatsächlich an ihrem Arbeitsplatz verbringen. Die restliche Zeit sind sie in Urlaub, krank, nehmen an Besprechungen teil, Arbeiten von Zuhause aus, etc.
            Das weckt natürlich Begehrlichkeiten und die Frage, ob jeder Mitarbeiter tatsächlich einen eigenen Schreibtisch braucht, wenn er/sie sowieso einen Großteil der Zeit nicht da ist.
            Fragt man dagegen die Mitarbeiter, so ist die Antwort überwiegend eindeutig: jede/r möchte nach Möglichkeit den eigenen Arbeitsplatz, um Foto und Pflanze aufstellen zu können.
            Ein eindeutiger Trend war diesbezüglich in den USA nicht zu erkennen.

            Firmen wie AirBnB, Adobe oder Slack bieten ihren Mitarbeitern feste Arbeitsplätze an, zzgl. der unterschiedlichsten Kooperationsräume, versteht sich.
            Andere, wie das Architekturbüro Gensler, gehen von einer 75%-Quote aus und unterscheiden zwischen festen Schreibtischen und flexiblen, die im übrigen farblich zu erkennen sind - „weiß“ für die fest Zugeordneten und „schwarz“ für die Flexiblen.
            So entsteht ein Kompromiss zwischen menschlichen Bedürfnissen einerseits und ökonomischen Notwendigkeiten andererseits. Allein beim Blick auf die teils leerstehenden Schreibtische überkommt einen schon die Frage, inwieweit das noch ökonomisch sinnvoll, und damit auch nachhaltig ist.


            Nachhaltigkeit bleibt Trendthema

            Auch das Thema Nachhaltigkeit bleibt nach wie vor ein zentrales Zukunftsthema.
            Unterschiedliche Standards (WELL, LEAD) von Instituten, wie das International Living Future Institute, bieten hier nicht nur ökologisch und ökonomisch interessante Konzepte, sondern auch Lösungen an.
            Dabei geht es vornehmlich um 2 Dinge: Einerseits um eine möglichst hohe Energieeffizienz eines Gebäudes, andererseits um die beim Bau verwendeten Materialien.
            Die Nachhaltigkeit des Materials ist dabei die größte Herausforderung. Bspw. gibt es in den USA noch immer 800 chemische Substanzen, die auf der „red list“ stehen, beim Bauen jedoch verwendet werden dürfen.


            „Culture eats strategy for breakfast, design for lunch and architecture for dinner“

            In vielen Gesprächen wurde eines deutlich: am Ende bringen die schönsten Formen, die ausgefeilteste Architektur nur wenig, wenn die Menschen, die darin leben und arbeiten, nicht die entsprechende Einstellung und Haltung mitbringen, die es braucht, um die gebotenen Möglichkeiten auch zu nutzen.

            Wenn Menschen ihr Wissen nicht teilen wollen, da dies in der Organisation noch immer Macht bedeutet, verlieren räumliche Kooperationsangebote an Bedeutung.
            Wenn Menschen ihre Ideen nicht austauschen und es wagen, Dinge zu hinterfragen, weil die Kultur keine Fehler vorsieht, dann bringen auch Design-Thinking Werkzeugkästen (siehe Fotos der D. School, Hasso Plattner Institute, Standford University, Palo Alto) an der Wand nichts, mit denen man wunderbar Prototypen entwerfen könnte.
            Wenn Menschen nicht miteinander reden, obwohl sie in crossfunktionalen Teams zusammensitzen, dann läuft auch das damit verbundene Aufbrechen vorherrschender Strukturen („Silodenken“) ins Leere.

             

                 
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             Schlussfolgerungen und Fazit

            Sehr deutlich wurde, wie groß der Kampf um die besten Talente inzwischen geworden ist.
            Firmen investieren Millionen von Dollar, um attraktiv für die besten Mitarbeiter zu sein und diese auch halten zu können.
            Hiervon kann Deutschland, auch Europa, mit Sicherheit etwas lernen. In der Vergangenheit wurde zu wenig Wert auf die Gestaltung der Gebäude und der Büroflächen gelegt.
            Die Realität deutscher Büros sieht teilweise einfach gruselig aus.

            Aber Geld allein ist es nicht. Viele Gebäude sind nicht teurer als herkömmliche. Durch die Gestaltung großer Flächen mit wenig Zwischenwänden wird auch Geld gespart, das anderweitig investiert werden kann.
            CEOs, Personalverantwortliche und Personalentwickler kann ich deshalb nur dazu ermuntern, einmal durch das eigene Bürogebäude zu laufen und zu spüren, wie es ihnen dabei geht.
            Schönheit und Ästhetik sind ein Wert an sich und haben an Bedeutung gewonnen. Attraktive Räume und eine spannende Architektur laden zu Kollaboration und Kreativität geradezu ein.

            Andererseits stellt sich die Frage, welche Rolle die Motive der Mitarbeiter spielen. Denn Ästhetik mag für den einen motivierend, für den „Coder“ aber völlig bedeutungslos sein.
            Dies zeigt der Ansatz eines Gebäudes von LinkedIn, die für ihre IT‘ler eine Art „Kerker“ gebaut haben, mit stark reduziertem Licht, das eher wie eine Höhle als ein Bürogebäude wirkt. Ein solch motivbasierter Ansatz spielte aber selbst bei den hochdekorierten Architekturbüros keinerlei Rolle.

            Zahlreiche Konzepte fokussieren darüber hinaus, das Wohlbefinden der Mitarbeiter und damit Gesundheit und Leistungsfähigkeit zu optimieren. Aus meiner Sicht eine klassische „win-win“ Situation für Unternehmen und Mitarbeiter.
            Arbeiten soll dort möglich sein, wo immer man gerade ist und wo man für die aktuell anstehende Tätigkeit die beste Arbeitsumgebung findet. Ob allein, zu zweit oder im Team. Deshalb drehen sich viele der Ideen und das Büro der Zukunft um vielfältige Arbeitsmöglichkeiten, die zur jeweiligen Tätigkeit und Person optimal und unkompliziert passen.

            Und letztlich geht es um eine höchst mögliche Flexibilität, Räume immer wieder an sich verändernde Rahmenbedingungen anpassen zu können. Neue Raumkonzepte werden womöglich niemals fertig sein, sondern immer nur einen Zwischenzustand erreichen bis zur nächsten Veränderung. Das ist „permanent beta“.

            Deshalb hat Raphael Gielgen recht, wenn er sagt:
            “Since employees are aware that they work in a beta environment, which is in progress, the friction against change is lower and the ability to change is higher. The environment is recognized as a place that is not yet completed and therefore always a changing subject“ (Workhackathon.com, abgerufen am 17.11.18).

            Veränderung wird zur Normalität, die Vision der lernenden Organisation Realität - und Change Management in der heutigen Anwendung obsolet.

            Bei Fragen zur „Learning Journey“ kommen Sie einfach auf uns zu. Gerne stellen wir auch den Kontakt zum Expertenteam von vitra her.

            Sie möchten mehr zum Thema Gesunde Organisation erfahren? Dann informieren Sie sich gerne weiter zu unseren Leistungen in diesem Bereich oder kontaktieren Sie uns einfach.

             

            Weitere Blog-Beiträge aus der Serie "Wie wir in der Zukunft arbeiten werden":

            Wie wir in der Zukunft arbeiten werden (Teil 1)

             

            Lesen sie auch unsere neue Serie "Neue Arbeitswelten"

            Neue Arbeitswelten (Teil 1) - Raum und Qualität im Umfeld

             

             

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